Als der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele im August 2002 „Gebt das Hanf frei“ ausrief, ahnte er noch nicht, dass sich sein Wunsch erst 15 Jahre später erfüllen sollte – und das auch nur für einen Teil der Gesellschaft. Nach jahrelangen Debatten wurde nun die Freigabe von Cannabis als Medizin für Schmerzpatienten beschlossen. Die Kosten für das teure Medizinalhanf werden die Krankenkassen übernehmen; das Hanf selbst soll in Apotheken auf Rezept erhältlich sein.
Es steht wohl außer Frage, dass die Freigabe von Cannabis als Medizin für viele ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Denn der Konsum von Cannabis kann die Schmerzen von chronisch kranken Patienten lindern. Das hat nun auch die Bundesregierung erkannt und gehandelt.
Reaktionen auf die Freigabe von Hanf als Medizin
Nicht nur die Konsumenten, auch die Politik sprach sich in den letzten Jahren gehäuft gegen die strikte Prohibitionspolitik aus. Allen voran die Partei Bündnis 90/Die Grünen, aber auch eine Mehrheit von Politikern aus den Reihen der FDP und der SPD. Die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingereichten Anträge auf eine kontrollierte Abgabe an alle volljährigen Deutschen wurden bisher jedoch abgelehnt. In der Begründung des Antrags zur Cannabis-Legalisierung hieß es unter anderem: „Die hohe Nachfrage nach Cannabis einerseits und das Verbot einer legalen Distribution andererseits führen zu einem Schwarzmarkt, der eine starke Belastung des öffentlichen Raums bedeutet.“ Nun hat der Gesundheitsausschuss ein Zugeständnis gemacht und einige Änderungsanträge befürwortet, die von chronisch kranken Patienten, für die es keine alternativen Behandlungsansätze gibt, sicherlich begrüßt werden. So dürfen die Kassen die Kostenerstattung bspw. „nur in begründeten Ausnahmefällen“ ablehnen. Allerdings gibt es nicht nur positive Reaktionen auf die Freigabe als Medizin für chronisch Kranke. Profitiert etwa die Pharmaindustrie von dem legalen Verkauf in Apotheken? Vermutet wird zumindest, dass die Kosten für medizinisches Cannabis zwar jetzt von den Krankenkassen übernommen werden müssen, die Preise dafür jedoch weiterhin hoch bleiben.
Bildrechte: Flickr WP_20150709_13_23_08_Rich Helen Penjam CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten
Bei diesen Krankheiten kann Hanf helfen
Die Cannabis Sativa beruhigt und entkrampft nicht nur; sie ist eine hochwirksame Pflanze gegen Schmerzen und hat wesentlich weniger Nebenwirkungen als herkömmliche, synthetisch hergestellte Tabletten. Cannabisblüten und -tropfen enthalten in ihrer Reinform eine Reihe von Wirkstoffen, die laut Studien ein hohes Potenzial für die medizinische Nutzung haben. Die so genannten Cannabinoide können bspw. gegen Spastiken bei Multipler Sklerose, chronischen Schmerzen bei Neuropathie, Rheuma, Multipler Sklerose oder Krebs helfen. Wirksam ist es auch bei Appetitlosigkeit wegen AIDS, Krebs oder Alzheimer, bei Übelkeit infolge von Chemotherapien oder beim Tourettesyndrom. Deutsche Ärzte durften bisher nur in Einzelfällen Ausnahmen machen – unter Einhaltung strenger Vorschriften. Zukünftig dürfen Ärzte Cannabis ohne Ausnahmeerlaubnis auf Rezept verschreiben, wenn Patienten Medizinalhanf aus der Apotheke beziehen wollen. Diese werden von den hohen Kosten für das pflanzliche Medikament befreit: Alleine für die Ausnahmegenehmigung mussten chronisch Kranke bislang 75 Euro bezahlen, dazu kommen laut dem Ministerium Ausgaben für Hanf aus der Apotheke von monatlich bis zu 1800 Euro pro Patient. Das ist für chronisch Kranke, die mitunter nicht mehr arbeiten können und deshalb eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehen, in der Regel nicht bezahlbar. Allerdings ist das neue Gesetz nicht nur für die Patienten eine finanzielle Entlastung, sondern auch für die Apotheker: Weil die bislang nötigen Ausnahmeregelungen durch das BfArM entfallen, verringert sich der Aufwand für Apotheker bundesweit um ca. 8550 Euro.
Zunächst wird die Nachfrage nach Medizinalhanf weiter aus dem Ausland gedeckt werden, doch schon bald dürfte sich das ändern. Der Eigenanbau bleibt Privatpersonen zwar weiterhin nur in Ausnahmefällen erlaubt, der Cannabis-Verband Bayern etwa will jedoch vor den Toren Münchens eine Plantage für medizinische Zwecke anbauen lassen.